Autor Thema: 17-OH-Progesteron erhöht - AGS, PCO oder doch keins von beidem?  (Gelesen 11069 mal)

August 24, 2016, 03:52:29 Nachmittag
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Colibri

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Hallo zusammen,

ich wende mich an euch, weil ich mit meinem Befund nicht wirklich etwas anfangen kann, und meine Frauenärztin auch (oder erst recht?) nicht.

Nachdem ich im Juli 2015 die Pille abgesetzt habe, habe ich von dieser Zeit an bis jetzt 12 kg zugenommen und ich habe (inzwischen nur noch leichte) Akne. Bevor ich mit 14 angefangen habe, die Pille zu nehmen, hatte ich extrem (!) starke Akne und habe auch nur deshalb die Pille bekommen. Kurz gesagt: Das sind eigentlich die einzigen Symptome, weswegen ich zum Frauenarzt gegangen bin und schauen wollte, ob mit meinen Hormonen alles in Ordnung ist.

Der Befund war nun: Nur das 17-OH-Progesteron ist leicht erhöht, sonst ist alles in Ordnung. Meine Ärztin fing nun an, von PCO und von AGS zu reden und dass ich einen angeborenen Gendefekt hätte usw., dass es eventuell auch sinnvoll sein könnte, mal auf Insulinresistenz zu testen, das aber die Kasse nicht zahlen würde.

Kann man denn überhaupt aufgrund dieses einen leicht erhöhten Wertes und meiner Symptome direkt auf PCO oder AGS schließen und vor allem, falls ich davon wirklich eines haben sollte, muss man dann nicht Folgeuntersuchungen machen um mit einer Behandlung evtl. Folgeschäden (Insulinresistenz, Diabetes usw.) zu verhindern?

Was mich wundert: Bis auf die Akne und das jetzt erhöhte Gewicht treffen weder AGS noch PCO-Symptome auf mich zu. Ich habe keine "Vermännlichungs"erscheinungen, eher im Gegenteil, hatte schon immer einen eher "fraulichen" Körper, habe keinen Haarausfall, keine Tiefe Stimme, keinen übermäßigen Haarwuchs oder sonst etwas. Meine Zyklen sind regelmäßig und da ich sie beobachte, weiß ich auch, dass ich jeden Monat einen Eisprung habe.

Nur: Was sagt mir dieser eine erhöhte Wert nun? Liegt, wenn er erhöht ist, auf jeden Fall eine Störung / AGS vor? Sollte ich weitere Untersuchungen vornehmen?

Danke schon mal für eure Hilfe!

August 25, 2016, 10:08:37 Vormittag
Antwort #1

Jenjen84

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Hallo Colibri!

Okay, fangen wir mal vorne an.


Deine Nebennierenrinde wandelt Cholesterin um zum Endprodukt Cortisol. Auf diesem Umwandlungsweg gibt es einige Zwischenprodukte, die sogenannten Hormonvorstufen. Und 17-OH-Progesteron ist eine davon.

Ist das 17-OH-Progesteron erhöht, dann kann das natürlich daran liegen, dass ein Gendefekt vorliegt, der die Weiterverarbeitung von 17-OH-Progesteron verhindert.
Es kann aber auch schlicht sein, dass deine Nebennierenrinde aktuell überlastet sind (zum Beispiel durch die Umstellung nach der Pille) und das 17-OH-Progesteron sich deshalb staut. In dem Fall würde man dann von Nebennierenschwäche sprechen.

Was ich damit sagen will: Vom erhöhten 17-OH-Progesteron alleine lässt sich NICHT auf AGS schließen.


PCO bedeutet Polyzystisches Ovulationssyndrom. Bei diesem Syndrom sieht man, wie der Name schon sagt, mehrere nicht ausgereifte Folikel gleichzeitig in den Eierstöcken (statt wie normal nur einem), die sich auf Laiendeutsch gegenseitig blockieren. Dieses Syndrom geht oft einher mit vermehrter Produktion von männlichen Hormonen in den Eierstöcken (und nicht in den Nebennieren!) und vermindeter Produktion von weiblichen Hormomen. PCO kann sowohl durch den Gendefekt AGS, als auch durch Übergewicht und falsche Ernährung begünstigt werden (und an letzterem kann man was ändern!).

Du sagst, du beobachtest deinen Körper und weißt, dass du monatlich Eisprünge und einen regelmäßigen Zyklus hast. Wie beobachtest du, wenn ich fragen darf? NFP mit Basaltemperaturanstieg nach ES? Ovulationstests, die eine zyklustagabhängige Schwankung des LH aufzeigen? Beobachtungs des Zervixschleims, der um den ES rum klar und spinnbar ist? Alle drei genannten Beobachtungsmethoden hätten dir schon lange verraten, wenn da was an deiner Eireifung nicht stimmen würde.

Was ich damit sagen will: Weder der erhöhte 17-OH-Progesteron, noch eine eventuelle AGS-Diagnose während gleichbedeuten mit PCO.


Mein Tipp: Ernährung umstellen hinzu weizenfrei und zuckerfrei. Das tut deinem ganzen Körper (und damit auch dem Zyklus und den Nebenieren) gut. mit zusätzlichem Sport auf Normalgewicht kommen. Den Zyklus weiter beobachten. Und parallel dazu einen Termin bei einem Endokrinologen (=Schilddrüsenarzt) holen. Dieser wird deine Hormone dann nämlich ordentlich und vollständig untersuchen mit samt dem Test auf Insulinresistenz und AGS!


Ich hoffe, ich konnte ein bisschen weiter helfen.
Frag ruhig, wenn du noch was wissen willst. Sollte ich die Antwort auf deine Frage kennen, helfe ich gerne :)


Grüße, Jenny

August 25, 2016, 04:22:08 Nachmittag
Antwort #2

Colibri

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Hallo Jenny, vielen Dank für deine sehr ausführliche Antwort! :)

Genau, ich beobachte meinen Zyklus mit der symptothermalen Methode (benutze aber keine Ovulationstests), und meine Zyklen sind alle sehr regelmäßig und nach den Sensiplan-Regeln super auszuwerten, also Temperaturanstieg und Zervixschleim.

Kann es wirklich sein, dass das Absetzen der Pille wirklich über ein Jahr später noch Auswirkungen hat?

Am Montag habe ich nochmal einen Termin bei dee Frauenärztin und ich werde sie dann bitten, mich zum Endokrinologen zu überweisen. Ich hoffe das macht sie auch!

Deine Ernährungstipps setze ich schon seit einigen Monaten um, zumindest esse ich weizen- und zuckerarm (nicht 100 % ohne) und ich esse auch kein Fleisch oder Milchprodukte, dafür sehr viel Gemüse, Vollkorngetreide, Samen, Nüsse, Obst und wenig Fett. Und Sport mache ich schon 5-6 mal pro Woche, daher ist es auch so seltsam, dass ich 12 kg zugenommen habe und die jetzt nicht mehr runtergehen. Wobei mein BMI auch mit 24,5 gerade noch im grünen Bereich liegt.

Danke auf jeden Fall für deine Tipps! :)

August 25, 2016, 08:30:30 Nachmittag
Antwort #3

Jenjen84

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Hey Colibri!

Ich finde es prima, dass du auf deinen Zyklus und deine Ernährung so achtest und Sport machst! Ganz große klasse. Und dein BMI ist ja auch super!

Ich könnte mir schon denken, dass wenn du die Pille lange genommen hast, dass das nach über einem Jahr noch Auswirkungen hat. Da ist sicher auch jeder Mensch verschieden.

Ich glaube, du brauchst dir da nicht so viele Gedanken machen. Wahrscheinlich ist dein 17-OH-Progesteron bis zum Endo-Termin schon wieder normal :D

August 26, 2016, 11:30:09 Vormittag
Antwort #4

Colibri

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Hallo Jenny,

ich glaube, wenn ich nicht auf die Ernährung so achten würde und nicht so viel Sport machen würde, dann ginge es mir viel schlechter und das Gewicht würde weiter in die Höhe schiessen. ;) So bleibt es jetzt nach den plus 12 kg in einem Jahr zumindest konstant. Aber manchmal ist es etwas frustrierend, dass ich so viel tue und mache und es nicht mehr runtergeht. :( Vielleicht findet der Endo ja heraus, woran das liegen könnte.

Ich habe die Pille tatsächlich sehr lange genommen, 12 Jahre insgesamt. Für meinen Körper ist es wohl eine völlig neue Situation, jetzt selber arbeiten zu müssen. :D Und es kann natürlich sein, dass die Pille eine Hormonstörung all die Jahre "überdeckt" hat. Ich hoffe es findet jemand heraus. :)

Oktober 26, 2016, 01:47:43 Nachmittag
Antwort #5

Jenjen84

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Hallo Colibri!

Wie ging es bei dir weiter?
Hast du mittlerweile eine Diagnose?

Sicher würden sich viele Hilfesuchenden freuen, wenn du hier berichtest :-)

Liebe Grüße, Jenny

Mai 18, 2017, 11:20:28 Vormittag
Antwort #6

Colibri

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Hallo und erstmal Entschuldigung, dass ich mich jetzt erst melde! Ich habe aber tatsächlich erst heute die Ergebnisse vom Ednokrinologen bekommen (musste lange auf einen Termin warten).
Es ist wieder das gleiche Ergebnis: Alle Hormone sind ok, bis auf das 17-OH-Progesteron, das ist erhöht. Er empfiehlt nun einen ACTH-Test. Ich frage mich jetzt: Ist das sinnvoll? Meine Symptome sind weiterhin: Akne und erhöhtes Gewicht, beides nach Absetzen der Pille aufgetreten. Unter der Pille habe ich keinerlei Symptome. Ist das nicht seltsam? Zumal die männlichen Hormone ja auch gar nicht erhöht sind. Ich frage mich, wie so ein Defekt der Nebennierenrinde unter der Pille quasi "verschwinden" kann, zumindest was die Symptome angeht.
Irgendwie bin ich etwas ratlos. :(
Hat hier jemand ähnliche Symptome wie ich? Und ist ein ACTH-Test sinnvoll? Was wäre die Therapie, wenn eine NNR-Schwäche festgestellt wird?

P.S.: Ich habe inzwischen nachgelsen, dass es sich ja nicht um eine NNR-Schwäche, sodern um einen Defekt des Enzyms handelt, das 17 OH-Progesteron zu Cortisol umwandelt und normalerweise stattdessen Androgene entstehen. Das verwirrt mich aber auch schon wieder: Die Androgene sind alle im Normbereich, was macht mein Körper denn da mit dem überschüssigen 17-OH-Progesteron?!  ???
« Letzte Änderung: Mai 18, 2017, 05:37:14 Nachmittag von Colibri »

Mai 23, 2017, 10:51:26 Vormittag
Antwort #7

Jenjen84

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Guten Morgen Colibri!

Schön, wieder von dir zu hören.

Ich kann nicht aus persönlicher Erfahrung auf deine Fragen bezüglich deiner Werte eingehen, aber ich kenne Einige, deren 17OHP erhöht ist, während die Androgene im Normbereich sind. Wir denken, dass das darauf zurückzuführen ist, dass der Defekt noch mild ist und sich das 17OHP auf anderen Stoffwechselwegen abbauen kann, bevor es zu Androgenen weiter verstoffwechselt werden würde.

Wa ich dir sehr wohl aus eigener Erfahrung sagen kann, ist, dass die Beschaffenheit meiner Haut (vor allem im gesicht) direkt am 17OHP hängt. Ist der normal, ist auch meine Haut ansehnlich.

Ein ACTH-Test setzt die Nebenniere künstlich unter Stress und soll so in Erfahrung bringen, ob du in echten Stresssituationen genügen Cortisol selbre herstellen könntest. Ich fände für dich einen Gentest aussagekräftiger. Aber ich bin natürlich nicht der Arzt ;-)

Liebe Grüße, Jenny